Equilibrium
Erdentempel (2014)
Folk Metal + Pagan Metal
Note: 7.0

Spielzeit: 56:14

Tracklist:

01. Ankunft
02. Was lange währt
03. Waldschrein
04. Karawane
05. Uns'rer Flöten Klang
06. Freiflug
07. Heavy Chill
08. Wirtshaus Gaudi
09. Stein meiner Ahnen
10. Wellengang
11. Apokalypse
12. The Unknown Episode


Oft ist es höchst interessant, wie sich Bands über die Jahre (weiter)entwickeln. Im Falle von EQUILIBRIUM bin ich jedoch ganz schön hin und her gerissen. Einerseits haben die in Starnberg beheimateten Recken noch immer diese herrlich beflügelnden Melodien und atemberaubende Epik am Start, andererseits ist die Band jetzt leider auch mit dem grausamen Clean-Vocal-Virus infiziert worden und reiht sich damit in die Heerscharen an Bands ein, die immer noch glauben, dass man damit ein Album verbessern könne. Nur bei den wenigsten Vertretern ist dies jedoch tatsächlich der Fall und EQUILIBRIUM gehören definitiv nicht dazu.

Begonnen wird das vierte Studioalbum (und zweite mit Neu-Sänger Robse Dahn) mit dem obligatorischen instrumentalen Intro 'Ankunft' und lässt sogleich mit 'Was Lange Währt' einen echten Knaller auf die Fangemeinde los, der sich gewaschen hat. Nach Noten zu grunzen, und das in einer unfassbaren Deutlichkeit, hat mir schon immer ein anerkennendes Nicken abringen können und klappt auch hier ganz ohne Umschweife. Einmal gehört, Album gekauft! Live wird das definitiv funktionieren. Das darauf folgende 'Waldschrein' wurde ja bereits in EP-Form veröffentlicht und enthält erste (in der Einleitung angesprochene) cleane Elemente. Beinahe zaghaft fliegen diese Momente vorüber und als wirklich zweckdienlich würde ich das nicht bezeichnen, denn anstatt den Song zu bereichern, erscheint dieses Mittel einfach nur anbiedernd und nimmt dem an sich tollen Track etwas die Magie. Dafür wird 'Karawane' wieder zu einem echten Triumphzug und weiß durch diverse Facetten zu begeistern. Musik und Text harmonieren hier richtig gut und ist ein absolutes Highlight auf "Erdentempel". Für die dem Alkohol nicht abgeneigten Horden hat man dann mit 'Bei Uns'rer Flöten Klang' und ganz besonders 'Wirtshaus Gaudi' die typischen Trinklieder im Gepäck, was mich allerdings so gar nicht anspricht, denn EQUILIBRIUM hätten so viel mehr zu bieten als Lieder übers Saufen. Vor allem letzteres ist durch den grausigen Volksmusikeinschlag und die platten Lyrics nur sehr schwer erträglich. Da fühle ich mich mit 'Stein Meiner Ahnen' um ein Vielfaches wohler, denn hier sind alle Zutaten enthalten, die EQUILIBRIUM-Songs auch früher schon zu Ruhm und Ehre verholfen haben. Ein Tiefpunkt sind dann die Stücke 'Freiflug' und 'Heavy Chill', denn clean erinnert man hier eher an BÖHSE ONKELZ (mit Weidner am Gesang!) oder FREI.WILD und das passt so gar nicht zu den einstigen Göttern des Folk Metal, die einst so herrich mystisch klangen. Bei dem mit genialen Melodien ausgestatteten 'Wellengang' zeigt man doch, dass man es drauf hat. Ein Schunkler vor dem Herrn! Recht seltsam finde ich zudem 'Apokalypse', welches wie eine Hommage an CREMATORY anmutet, jedoch auch deutlich macht, dass die Stimmqualität bei den cleanen Passagen im Vorschulniveau hängen geblieben ist (ja ich weiß, haben sie schon vorher gezeigt...). Gemessen an der Fülle von Melodien und dem hochmusikalischen Kompositionstalent der Musiker kann die neue Marschrichtung einfach nicht mithalten und lädt nicht selten zum Fremdschämen ein. Warum EQUILIBRIUM bis dato ihre Texte in der deutschen Landessprache verfasst haben, wird dann beim Rausschmeißer 'The Unknown Episode' nur allzu deutlich. Man tut sich, wie auch CREMATORY zuvor, schwer mit der Fremdsprache und auch das Keifen und Growlen kann diese Tatsache nicht verschleiern. "Surrounded by bright fireflies - I see the sparkling in your eyes". Echt jetzt? Autsch... Die meinen das wirklich ernst... Hilfe!!!

Wir haben hier unterm Strich ein wirklich gutes Album, dass ein wenig in die falsche Richtung gelenkt wurde und damit gegen die frühen Meisterwerke "Turis Fratyr" und "Sagas" nahezu verblasst. Die personellen Wechsel im Bandgefüge haben ihre Spuren hörbar hinterlassen. Der Spirit steckt zwar noch immer in der Band und man macht auch vieles richtig, doch der alte Spruch "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" scheint mir hier angebrachter denn je. "Erdentempel" könnte noch grandioser, noch nachhaltiger und noch intensiver tönen, hätte man weiterhin geführt und nicht einfach nur gefolgt. Trotz all dieser kleinen Stolperfallen läuft "Erdentempel" bei mir seit Tagen auf Dauerrotation. Und das ist für ein Album, bei dem ich die ganze Zeit meckern will, mehr als beachtlich. Es ist also mehr eine Haßliebe!