Crematory
Illusions (1995)
Gothic Metal
Note: 9.0

 

Spielzeit: 54:39
 
Tracklist: 
 
01. Reflexionen
02. Faces
03. Tears Of Time
04. My Way
05. Lost In Myself
06. An Other ... ?
07. The Atmosphere (Instrumental)
08. The Beginning Of The End
09. Sweet Soltitude
10. Dreams Of Dancing
11. Just Dreaming
12. Visions
 

Gothic Metal erlebte besonders in den 90ern einen regelrechten Boom und es schossen an allen Ecken und Enden Interpreten aus dem Boden, die sich diesem speziellen Sound verschrieben hatten. Die Zahl der Nachahmer war gewaltig und nicht jede Combo konnte der Szene ihren Stempel aufdrücken.

Eindeutig zu den Machern gehörten die deutschen CREMATORY, die hier mit "Illusions" eine Blaupause und zugleich (mit leichten Einschränkungen) eine Sternstunde abgeliefert haben. Und auch wenn die Truppe von vielen Seiten verschmäht wurde/wird, kann man ihnen keinen Mangel an prägnanten Melodien oder gar Belanglosigkeit vorwerfen. Dazu klangen sie dann doch zu eigenständig und ziehen ihr Ding zudem bis heute kompromisslos durch. Sehr zum Missfallen der Szenepolizei, versteht sich. Zum Glück gibt es so etwas wie künstlerische Freiheit. Doch kommen wir zum Album selbst.

Nach einem atmosphärischen Spoken Word - Intro gibt sogleich das coole 'Faces' die Richtung vor. Klebrige, ja fast poppige Keyboards treffen auf finstere Gitarrenriffs und Frontmann Felix grunzt sich im tiefsten Tonsegment schier beide Lungenflügel aus der Brust, bleibt aber zu jedem Zeitpunkt klar verständlich. Und doch wirken die Songs zu keinem Zeitpunkt hart oder garstig. Das ewige 'Tears Of Time' wird ohnehin das Referenzwerk schlechthin bleiben, um dieses Genre zu definieren. Wer diesen Song nicht kennt, der hat den Gothic Metal verpennt!

Diese gesamte Scheibe ist an sich mit richtig geilen Songs gespickt. Ganz egal, was man sich rauspicken will. 'My Way', '...An Other', 'Lost In Myself'; wo man auch ansetzt, findet man kleine Ohrwürmer. Selbst die beiden Instrumental Stücke 'Visions' (reines Keyboard Thema bei dem Katrin, die einzige Frau in der Band, ihr Melodiegespür demonstrieren kann) und 'The Atmosphere' (begleitet von Mönchschorälen) wissen absolut zu gefallen, wenn man für diesen Stil auch nur ein klein wenig offen ist.

Drummer Markus (der Katrin dann etwas später auch zur Frau nahm) und Bassist Lotte halten das Gerüst prima zusammen und "Illusions" wirkt somit wie eines jener Alben, denen man den gewissen "roten Faden" nachsagen könnte und gehört definitiv zu den rar gesäten Hörerlebnissen TROTZ Kitschfaktor hoch 10. Melodiefetischisten müssen hier zugreifen!

Ein kleiner Funken Kritik muss zum Abschluss aber dann doch noch sein... Es ist sehr schade, dass man an manchen Stellen heraushört, dass es sich bei CREMATORY um eine deutsche Formation handelt. Wenn man sich schon einer anderen Sprache annimmt, sollte man doch zumindest den schrecklichen Akzent besser kaschieren und auch die Lyrics noch mal von jemandem checken lassen, der dem Englischen mächtig ist, bevor man das Ganze auf einen Tonträger pressen lässt. So kassiert man dann doch den ein oder anderen unfreiwilligen Schmunzler. Etwas mehr Mut zur Perfektion und die Sensation wäre perfekt.